- ökologisches Bauen: Baustoffe
- ökologisches Bauen: BaustoffeDer Aspekt der Energieeinsparung ist sicherlich zentral für die Planung ökologischer Bauwerke, zusätzlich sollte auch auf das Dämmmaterial geachtet werden: Natürliche und aus Recyclingprozessen gewonnene Dämmstoffe belasten die Umwelt bei Bau, Betrieb und späterem Abriss des Gebäudes am geringsten.Will man das Bauen umweltschonender gestalten, sollte vor allem der Rohstoffverbrauch vermindert werden. Es können verstärkt Baumaterialien eingesetzt werden, die entweder von nachwachsenden Rohstoffen stammen oder die mehrfach verwendet werden können, beispielsweise durch Recycling. Damit wird die Landschaft geschont, da weniger Steinbrüche und Kiesgruben angelegt werden müssen und man auf ein paar Deponien verzichten kann. Ein Ziel ökologischen Bauens heißt also, die Baustoffe möglichst lange im Kreislauf zu halten. Darüber hinaus muss man auch wissen, welche Stoffe sich für eine Kreislaufwirtschaft besonders anbieten.Hinsichtlich des Kreislaufs stellen sich zwei Fragen: Die erste betrifft die aktuelle Verwendung der vorhandenen Substanz, die vor 100 oder 30 Jahren gebaut wurde, die zweite die Wiederverwertung der vorhandenen Materialien. Nach der Bilanzierung folgt die Bewertung in einer Ökobilanz. Beispielsweise kann die Frage lauten: Was ist wichtiger, Energieeinsparungen oder Landschaftsschonung? Und da Bauen immer einen Eingriff in das Umfeld bedeutet, müssen auch soziale, ökonomische, ästhetische, bauphysikalische und vielleicht noch mehr Aspekte berücksichtigt werden, um ein Gebäude ganzheitlich zu beurteilen.Bei der Bilanzierung sollten nicht nur die verbrauchten Stoffmengen betrachtet, sondern auch die individuellen Belastungen der Umwelt durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden berücksichtigt werden. Die Umweltverträglichkeit eines einzelnen Stoffs zu beurteilen, reicht nicht aus, da ganz unterschiedliche Materialien und Stoffmengen verbaut werden, vielmehr müssen Bauteile oder gar ganze Bauwerke bilanziert werden. Hinzu kommt, dass die Lebensdauer von Bauwerken sehr hoch ist. Bei großen Ingenieurbauten wie Staumauern rechnet man mit 200 Jahren, bei Brücken mit 70 bis 100 Jahren, bei Wohngebäuden mit 50 Jahren, bei Fabrikgebäuden, je nach Sparte, zwischen 15 und 30 Jahren.Im Bauwesen kommen eine Vielzahl verschiedenster Stoffe zum Einsatz, die sehr unterschiedliche Funktionen und Anforderungen erfüllen müssen, wie Mauerwerk, Dämm- und Isolierstoffe und Materialien für den Innenausbau.Für Bauprodukte, die in Deutschland verwendet werden, muss aufgrund der Vorschriften der Landesbauordnungen ihre Brauchbarkeit für den Bau nachgewiesen werden. Dies geschieht durch allgemein bauaufsichtliche Zulassung, Prüfzeichen und/oder Prüfzeugnis. Zielsetzung des Bauordnungsrechts war seit jeher primär die Gefahrenabwehr. Unberührt bleiben viele Aspekte, die für eine ökologische Gesamtbeurteilung erforderlich wären.Um auch den ökologischen Gesichtspunkten gerecht zu werden, hat sich die Bewertung von Baustoffen mittels Ökobilanzen durchgesetzt. Diese dienen als Instrument zur Standardisierung von Umwelteinflüssen und erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus eines Bauprodukts.Die Bewertung kann dabei — trotz aller Bemühungen um Objektivität — aber immer nur subjektiv sein, das heißt, es wird niemals den für alle Anwendungen gleichermaßen passenden ökologischen Baustoff geben. In der Praxis existiert keine Liste, nach der ein Baustoff eindeutig ökologisch gut oder schlecht ist. Dies bleibt immer nach den jeweiligen Vorgaben des konkreten Falls zu beurteilen.Häufig wird »ökologisch« mit »natürlich« verwechselt. Die daher oft geforderte natürliche Herkunft der verwendeten Baustoffe ist jedoch weder eine Garantie für gesundheitliche Unbedenklichkeit, noch muss sie mit der Zielsetzung einer möglichst günstigen ökologischen Gesamtbilanz in Einklang stehen.Trotz dieser Einschränkungen kann man die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit von Baustoffen definieren. Als umweltschonend können solche Baustoffe bezeichnet werden, bei denen im Verlauf aller Lebensphasen, das heißt von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung, möglichst wenig Belastungen der Umwelt auftreten.Die Herstellung beginnt mit der Rohstoffgewinnung, bei der bereits vielfältige Umweltbelastungen (Zerstörung vorhandener Vegetation, Abtrag von Boden- und Deckschichten, Änderungen des Wasserhaushaltes und Mikroklimas) entstehen können. Die Ausgangsstoffe werden dann zu Baustoffen und Bauteilen weiterverarbeitet. Mitunter werden dabei Zusatzstoffe eingesetzt, die aus Umwelt- und Gesundheitsgründen bedenklich sein können. Bei der Gebäudefertigung auf der Baustelle ist der Gebrauch und die Erzeugung von Baustoffen sowie die Bearbeitung von Materialien mit verschiedenen Emissionen, insbesondere Lärm-, Abgas- und Partikelemissionen, verbunden.Während der Nutzung des Gebäudes wirken sowohl die verschiedenen Baustoffe als auch die Baukonstruktion unterschiedlich auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bewohner ein. Problematisch ist dabei vor allem die Belastung der Innenraumluft mit Schadstoffen, die von Baumaterialien abgegeben werden. Auch können beispielsweise ein nicht fachgerechter Wandaufbau oder eine schlechte Wärmedämmung trotz unbedenklicher Materialien zu schädlichen Pilzbildungen in der Wand führen. Ob und in welchem Maß eine Substanz zu Beeinträchtigungen führt, ist oft von synergistischen Effekten abhängig.Die unterschiedliche Haltbarkeit und Reparaturfreundlichkeit von Baustoffen und Bauteilen führen zu unterschiedlichen Umwelteinwirkungen in der Nutzungsphase. Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen erfolgen nach Zeiträumen, die von Baumaterial zu Baumaterial stark variieren.Bei der Entsorgung, also beim Abriss eines Gebäudes oder einzelner Gebäudeteile, kann die Umweltverträglichkeit von Baumaterialien und Bauweisen anhand der Kriterien Recyclingfähigkeit, Sekundärrohstoffinhalt und Brennbarkeit eingeschätzt werden.Diese kurze Darstellung zeigt, wie weit reichend eine umwelt- und gesundheitsbezogene Beurteilung von Baustoffen und -produkten sein muss. Dabei können Baustoffe während der einzelnen Lebensphasen sehr unterschiedliche Umweltqualitäten aufweisen. So kann ein Baustoff in seiner Nutzungsphase umweltgerecht sein, in seiner Herstellungs- oder Entsorgungsphase jedoch große Probleme bereiten.Ausgewählte BaustoffeHolz ist der klassische natürliche Baustoff. Die Umweltbelastung bei der Gewinnung von Holz ist relativ gering, sofern die Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft und möglichst aus der Region des Baus stammen. Weiterhin ist Holz ein beachtlicher Kohlenstoffspeicher (in Zellulose umgewandeltes Kohlendioxid), kommt in der heimischen Natur fast beliebig vor und ist ein nachwachsender Rohstoff.Tropenhölzer sollten beim Holzbau vermieden werden. Gegen sie spricht vor allem, dass sie nur durch Zerstörung des global wichtigen tropischen Regenwaldes gewonnen werden können. Zudem kommt der unverhältnismäßig große Transportaufwand hinzu.Als Baustoff bringt Holz von Natur aus viele Vorteile mit sich: Es benötigt zur Gewinnung, Verarbeitung und beim Einbau weniger Energie als andere Baustoffe. Holz schont andere Rohstoffe, da es bei nachhaltiger Bewirtschaftung des Waldes immer wieder nachwächst und so ein stets verfügbarer Rohstoff ist. Es hat eine lange Lebensdauer und ist unbehandelt frei von Schadstoffen.Lehm ist eine traditionelle Alternative zu Holz. Er dämmt zwar nur mäßig, weist aber eine hohe Speicherfähigkeit für Wärme und Feuchtigkeit auf. Lehm kann meist leicht aus der Region beschafft werden, und die entstehenden Lehmgruben schädigen die Natur nur gering, da sie zum Grundwasser hin dicht sind. Dadurch sind sie nach dem Abbau als Abfalldeponien geeignet, weil keine gefährlichen Stoffe ins Grundwasser eingetragen werden können.Die Verwendung von Lehm beim Bau wirft jedoch technische Probleme auf: mangelhafte Druckfestigkeit, schlechte Beständigkeit gegenüber Wasser und geringe Zugfestigkeit, die sich beim Trocknen in Rissbildung bemerkbar macht. Die beiden ersten Probleme sind konstruktiv leicht lösbar — durch gute Planung und dicke Mauern. Das dritte Problem führte schon in der Vergangenheit zur Entwicklung erster Verbundstoffe. Man mischte Stroh in den Lehm oder brachte den Lehm auf ein Weidengeflecht auf. Der Lehmbau erfordert in heutiger Zeit sehr spezielle Kenntnisse und wird nur sehr selten in den gemäßigten Breiten verwandt.Lehm oder Ton in gebrannter Form ist das Rohmaterial für Ziegel und Klinker. Die ökologische Unbedenklichkeit dieser Materialien hängt allerdings von den Produktionsprozessen (genauer gesagt von der Abgasreinigung) in den Ziegeleien und den Transportwegen ab. Für das Brennen der Ziegel können Abfallstoffe wie Sägemehl, Papierschlamm oder Polystyrolschaum, ja sogar ölhaltige Erde verwendet werden, um den Energieaufwand beim Brennen zu mindern. Die dabei entstehenden Emissionen bilden in den Ziegeln feine Gasbläschen, die ihnen bessere Wärmedämmeigenschaften verleihen. Doch die für ökologisch verantwortungsbewusstes Bauen notwendigen Wärmedämmeigenschaften sind mit Ziegelmauerwerk allein nicht zu erreichen. Oft muss eine zusätzliche Wärmedämmung von außen angebracht werden.Ziegel haben jedoch wichtige positive Eigenschaften: Sie gleichen Feuchtigkeit aus und weisen eine gewisse Dampfdurchlässigkeit auf. Diese Eigenschaft ist klimatisch erwünscht, aber technisch bei einigen Baustoffen problematisch, weil es durch Kondensatbildung zu Schäden im Mauerwerk kommen kann.Strittig im Ökobau, aber in weiten Teilen aus Kostengründen unverzichtbar, ist die Verwendung von Zement und damit auch von Beton. Das Bauen mit Beton belastet die Umwelt durch den Verbrauch von Energie und Landschaft. Seine Bestandteile werden in Kalksteinbrüchen und Kiesgruben gewonnen. Dabei werden zwangsläufig Biotope zerstört, und durch das wasserdurchlässige Gestein können leicht Fremdstoffe, beispielsweise Düngemittel, ins Grundwasser eindringen.Die Zementherstellung ist aufgrund der dort üblichen Feuerungstechnik problematisch. So verheizen Zementwerke unter anderem Steinkohlenflugasche, Filterstäube aus Rauchgasreinigungsanlagen und Filterpresskuchen, die aus Klärschlamm von Chemieanlagen bestehen, Altreifen, Teppichreste aus Kunstfasern sowie Altöl.Beton wird hauptsächlich für die Grundkonstruktion von Häusern verwendet. Er spielt als Wärmespeicher eine herausragende Rolle. Als Zuschlag zu Beton kann aufgearbeiteter und gereinigter Bauschutt beigemischt werden. In diesem Fall ist die Umweltverträglichkeit von Beton günstiger zu beurteilen.Ein Klassiker im Bau sind Kalksandsteine, die ebenfalls künstlich hergestellt werden. Sie entstehen, wenn eine Mischung aus gebranntem Kalk und Quarzsand unter Druck bei etwa 250 Grad Celsius zusammengebacken wird. Die Umweltbelastung ist dabei relativ gering, weil Kalksteinbrüche die Landschaft zwar auch schädigen, aber leichter rekultivierbar sind als Kies- oder Tongruben und weil sich darüber hinaus der Energieverbrauch bei der Herstellung in Grenzen hält.Aus ökologischer Sicht ist Kalksandstein ein regional zu bevorzugendes Baumaterial für Mauerwerk, das tragende Funktion hat. Es muss meist mit zusätzlicher Wärmedämmung versehen werden. Aufgrund seiner Festigkeit und Wärmespeicherfähigkeit ist Kalksandstein sehr beliebt bei der Konstruktion von Passivhäusern. Diese Häuser benötigen ja häufig keine Heizung, stellen jedoch extreme Anforderungen an die Wärmedämmung der Außenwand und die Speicherfähigkeit der Innenwände.Aber nicht jeder aus der Natur stammende Baustoff bedeutet einen Beitrag zum ökologischen Bauen. Beispielsweise dämmen Natursteine sehr schlecht, Mauern aus Sandstein durchfeuchten schnell, und das im Granit enthaltene Uran ist radioaktiv und kann den Innenraum belasten.Dipl.-Biol. Bettina Kapahnke-KnittelWeiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:ökologisches Bauen: DämmstoffeGrundlegende Informationen finden Sie unter:ökologisches Bauen: Energiehaushalt und KlimatisierungBaustoffkunde für den Praktiker, bearbeitet von Norbert M. Schmitz. Duisburg 81999.Energiegerechtes Bauen und Modernisieren. Grundlagen und Beispiele für Architekten, Bauherren und Bewohner, herausgegeben von der Bundesarchitektenkammer. Bearbeitet vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Basel u. a. 1996.Energiesparendes Bauen und gesundes Wohnen. Eine Planungshilfe für Bauherren, Architekten und Ingenieure, herausgegeben vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg. Stuttgart 41995.Häuser ökologisch geplant, preiswert gebaut. Tips und Ideen, Materialien und Beispiele, herausgegeben von Hans-Peter Bauer-Böckler. Taunusstein 1996.König, Holger: Wege zum gesunden Bauen. Wohnphysiologie, Baustoffe, Baukonstruktionen, Normen und Preise. Staufen im Breisgau 91997.Lebensräume. Der große Ratgeber für ökologisches Bauen und Wohnen, herausgegeben von Thomas Schmitz-Günther. Köln 1998.Leitfaden zum ökologisch orientierten Bauen, herausgegeben vom Umweltbundesamt. Heidelberg 31997.Ökologisch bauen - aber wie? Ein Ratgeber für Bauherren.Mit Bezugsquellennachweis, bearbeitet von Tu Was - Ökologische Verbraucherberatung Mainfranken e. V. Düsseldorf 21997.Schillberg, Klaus: Altbausanierung mit Naturbaustoffen. Aarau u. a. 1996.Schwarz, Jutta: Ökologie im Bau. Entscheidungshilfen zur Beurteilung und Auswahl von Baumaterialien. Bern u. a. 41998.Zwiener, Gerd: Ökologisches Baustoff-Lexikon. Daten - Sachzusammenhänge - Regelwerke. Heidelberg 21995.
Universal-Lexikon. 2012.